Seit März machen die Ambulanten Hospizdienste Rhein-Lahn mit verschiedenen Veranstaltungen innerhalb des Rhein-Lahn-Kreises auf ihren diesjährigen Geburtstag aufmerksam. Sie werden 30 Jahre alt. „In unserer Vision soll jeder Mensch die Möglichkeit haben, sein Leben bis zum Schluss umgeben von Fürsorge, Mitgefühl, Respekt und Würde zu verbringen“, heißt es in der Philosophie des Vereins. Getragen wird er von seinen ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und -begleitern.

In drei Jahrzehnten gelebter Mitmenschlichkeit hat sich der Verein entwickelt. Seine Bekanntheit und die Nachfrage nach seinen Diensten nehmen zu. Diese sind für die Patienten kostenlos, egal, ob sie sich zuhause, im Krankenhaus oder im Altenheim befinden. Darüber hinaus bietet der Verein mit seinen ebenfalls ehrenamtlichen Trauerbegleitern auch Trauerbegleitungen an.

Begonnen hat alles am 9. November 1995. Auf Betreiben der damaligen Frauenbeauftragten Hildegard Schmaglinski und Renate Schulz-Quenet lud Landrat Kurt Schmidt zur Gründungsversammlung ins Kreishaus ein. Es kamen 48 Gründungsmitglieder, zu denen auch Ottmar Canz, der frühere Stadtbürgermeister von Bad Ems gehörte. Der Kern des Vereins wurde im Gründungsprotokoll festgehalten: „Der Wunsch vieler schwerkranker Menschen, in der vertrauten häuslichen Umgebung sterben zu dürfen, soll durch intensive Ausbildung geeigneter Frauen und Männer sichergestellt werde.“

Die erste Vorsitzende wurde Ilse Lessel aus Nastätten. Ihr folgte für lange Zeit Renate Schulz-Quenet, für kurze Zeit Many Nicklaus und für fünf Jahre Oana Wöll. Heute ist Jennifer Ingmann aus Hömberg die Vorsitzende der Ambulanten Hospizdienste.

Viele Unterlagen aus den Anfängen der Hospizdienste sind verloren gegangen. Ein Vorstandsmitglied suizidierte sich, wobei wichtige Schriftstücke mit verbrannten. Doch es gibt noch Zeitzeugen. Eine von ihnen ist Elo Kröck aus Kemmenau, die auch bei der Gründungsversammlung zugegen war. Ihr Ehemann, der Notar Dr. Udo Kröck, hatte die juristischen Vorbereitungen für die Vereinsgründung getroffen. Sie war damals Einsatzleiterin bei den Grünen Damen in der Paracelsus- und der Hufeland-Klinik. Später war sie auch Protokollführerin der Hospizdienste. Die Aktiven der ersten Stunde waren eine kleine, aber harmonische Gruppe, erzählt sie. Schnell begann man mit der Ausbildung neuer Hospizbegleiterinnen und -begleiter.

Eine solche Ausbildung machte Hans-Jürgen Wehr 2005. Seitdem ist er im Verein aktiv, nicht nur als Begleiter, sondern auch für ein paar Jahre als Vorstandsmitglied. „Ich mag alte Leute und habe kein Problem mit dem Sterben“, sagt er. Alte Menschen würden oft wie kleine KinderMeistens seien sie im Kontakt offen und ehrlich, freundlich und nett. Die Arbeit sei zwar manchmal anstrengend, aber sie lauge ihn nicht aus und sie sei bereichernd. „Es kommt immer was zurück“.

„Wir sind alle Beziehungswesen und sollten uns untereinander stützen“, ist Petra Opel-Minor überzeugt. Wenn es dem Ende zugeht, sollte niemand alleine sein. Seit 1999 ist sie bedingt durch ihre Arbeit im Altenheim Hohe Lay in Nassau in Kontakt mit den Hospizdiensten. 2013 absolvierte sie die Qualifikation zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin und stand Sterbenden liebevoll zur Seite. Schließlich war Petra Opel-Minor vier Jahre ehrenamtliche Koordinatorin der Hospizdienste. Entsetzt berichtet sie noch heute von der Corona-Zeit, in der bei den persönlichen, menschlichen Kontakten so vieles nicht möglich war. Jetzt ist sie zusammen mit Gabi Maas verantwortlich für die Kindertrauerarbeit TrauKidsKatz in Katzenelnbogen.

Zu den Alten und Erfahrensten im Verein gehört auch Gerhard Luhofer. Er besuchte 2009 den Qualifizierungslehrgang. Mehrere Jahre war er zweiter Vorsitzender des Vereins und begleitete u.a. Patienten im Altenheim Kamp-Bornhofen. Mit einem regelmäßigen Spaziergang schuf er in Winterwerb ehemals die „Trauer in Bewegung“Noch immer ist er in der Begleitung aktiv so in Koblenz in der Kinderhospizarbeit, im stationären Hospiz Rhein-Lahn in Nassau und auf der Palliativstation in Nastätten.

Über seine Motivation denke er wenig nach, er sei einfach da, sagt Gerhard Luhofer. „Zuhören ist wichtiger als reden“. Zu seiner Haltung gehört die Aufforderung: „ladet alle Sorgen, die ihr habt, bei mir ab“ und die Einstellung „lieben muss man die Menschen, so wie sie daliegen“. Immer wieder gerne geht er in die Begleitungen, denn sie seien keine Einbahnstraße, sondern auch ein eigener Gewinn. „Man bekommt viel zurück“.

Bei der Hospizarbeit geht es um eine Herzensaufgabe, erklärt Jennifer Ingmann. Mit Leidenschaft zum Thema, neuen Impulsen und Ideen und der Lust, etwas zu bewegen, hat sie ihr Amt als Vorsitzende der Ambulanten Hospizdienste angetreten. So wurden zum Beispiel die diversen Veranstaltungen zum 30-jährigen Bestehen durchgeführt, vom Malworkshop bis zum Sommersingen mit Picknick im Park.

Der Verein mit jetzt 113 Mitgliedern befindet sich im Aufwind. „Die Anfragen auf Begleitungen haben massiv zugenommen“, berichtet die Vorsitzende. Derzeit sind 25 ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und – begleiter im Rhein-Lahn-Kreis im Einsatz. 14 neue beenden in diesen Tagen ihre Ausbildung. Jennifer Ingmann hofft, dass möglichst viele von ihnen in den aktiven Einsatz gehen.

Seit 2024 werden die Hospizdienste von den Krankenkassen gefördert. Eine Voraussetzung dafür war die Einstellung eines hauptamtlichen Koordinators. Das Amt wurde am Anfang von Jürgen Ackermann begleitet, der Annkathrin Schön, seine Nachfolgerin,jetzt einarbeitet. Doch: „Die Hospizdienste sind 100 Prozent ehrenamtlich und das wird auch so bleiben und sie sind weiter kostenfrei“, betont Jennifer Ingmann. Darum ist der Verein auch weiter auf Mitgliedsbeiträge (30 Euro pro Jahr) und Spenden angewiesen.

Die Aktiven des Vereins kümmern sich auch um die Angehörigen der Patienten insbesondere in der Trauerphase. Dafür gibt es eigens geschulte Trauerbegleiterinnen und -begleiter. Das Trauercafé, das jeden ersten Freitag im Monat bei der AWO in Nassau stattfindet, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Gleiches verzeichnet der Verein beim Trauerspaziergang jeden vierten Sonntag im Monat im Lahnsteiner Kur- und Heilwald.

Jennifer Ingmann ist es ein großes Anliegen, dass das Thema Hospiz seinen Schrecken verliert und über Sterben und Tod offen kommuniziert werden kann. Diesen Weg beschreitet der Verein mit seinem Projekt „Hospiz macht Schule“ und mit der Trauerarbeit mit Kindern im Projekt TrauKidsKatz alle zwei Wochen im Haus der Familie in Katzenelnbogen.

Das Gemeinschaftsgefühl im Verein zu stärken, ist ein weiterer Wunsch der Vorsitzenden. Darum finden für die Aktiven regelmäßige Supervisionen, Workshops oder Veranstaltungen wie das Neujahrsfrühstück oder das Sommergrillen statt. Im nächsten Jahr plant Jennifer Ingmann eine Zukunftswerkstatt, in der die weitere Entwicklung des Vereins und des Ehrenamtes im Mittelpunkt steht.

Ihren ersten Sitz hatten die Hospizdienste im Neuzebachweg 2 in Nassau dort befindet er sich auch derzeit, nachdem das Büro lange Jahre im alten Rathaus in Bad Ems untergebracht war. Uschi Rustler vom Seniorenbüro „Die Brücke“ bei der Kreisverwaltung erinnert sich gut an diese Zeiten mit ihrer Freundin Renate Schulz-Quenet. Im Schloß Oranien in Diez habe man Benefiz-Klavierkonzerte und Ausstellungen veranstaltet. Mit einem Konzert wollen die Hospizdienste auch ihren Geburtstag am 9. November in der Nassauer Stadthalle begehen. Harfenmusik, Gesang und ein Festvortrag stehen um 12.30 Uhr auf dem Programm. Der Eintritt ist frei. Vy